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Wie der Traubensaft in die Flasche gelangt

Aktualisiert: 21. Okt. 2021

Von der Teilnahme am Saarburger Kinderwingert und was wir alles lernen durften


Da steht sie nun: eine Flasche Traubensaft. Nichts Besonderes mag sich der ein oder andere

denken. Denn in einer Weingegend ist das nicht unbedingt eine außergewöhnliche

Nachricht. Und doch ist diese Flasche besonders. Erkennbar ist das an ihrem individuell mit

Kinderzeichnungen gestalteten Etikett. Und: Ihr Entstehen war besonders. Sie und 26 andere

Flaschen sind nämlich das Resultat eines seit einigen Jahren bestehenden Projektes: dem

Saarburger Kinderwingert. Wir oder besser gesagt unser Saarkind Nummer 1 durfte in

diesem Jahr teilnehmen und begleitete über mehrere Termine das Wachsen „seiner“

Weinrebe, die Entwicklung und Reifung der Trauben, die Lese derselbigen, die

Saftherstellung in der Saftpresse sowie das Abfüllen und Verkorken seiner ganz individuellen

Traubensaft-Flasche. Und nebenbei erfuhr er Interessantes rund um den Weinbau sowie die

Flora und Fauna im Weinberg.



Alles begann zunächst mit einer Enttäuschung. Als es mit dem ersten Termin losgehen sollte,

war an ein Treffen nicht zu denken. Corona. Im Frühjahr standen wir eben noch ganz im

Zeichen des Lockdowns. Ein Treffen in einer Gruppe war schlichtweg unmöglich. Die

Initiator*innen und Organisator*innen des Projektes – Christiane Wagner, Winzerin des

Weingut Dr. Wagners (@weingutdrwagner) aus Saarburg sowie Guido Schramm, Kultur- und

Weinbotschafter und Barbara Schramm, Natur- und Erlebnisführerin waren jedoch nicht um

eine Idee verlegen und drehten kurzerhand ein Video im Weinberg

(https://fb.watch/8JzykNyn4q/), in dem sie das Programm des ersten Termins zeigten. Und

unser Saarkind war auch beruhigt, das Binden des Moselherzes wird auch er noch einmal

miterleben. Der Termin wurde kurzerhand ans Ende des Jahres verlegt.

So lernte unser Saarkind Nummer 1 seine Weinrebe erstmals im Frühsommer kennen. Die

erste Herausforderung: Den Weinberg finden. Das KiWi-Schild half glücklicherweise dabei

die richtige Kurve auf dem Weg zum Warsberg zu finden, wir wären ansonsten fast

vorbeigefahren. Doch so erreichten wir die Saarburger Kupp und damit den Teil des

Weinberges, in dem Christiane Wagner ein Teil ihrer Reben für die Kinder des

Kinderwingerts zur Verfügung gestellt hat. Die heutigen Aufgaben: das Lockern des Bodens

rund um die Weinrebe, Hochbinden der Triebe, die im nächsten Jahr dann das Moselherz

bilden sollen, die Vermessung der Weinrebe und das Zählen der Gescheine. Gescheine? – Ja, auch das lernen wir: Die Gescheine sind die länglichen Blütenstände der Weinrebe. Aus

deren Knospen entwickeln sich die Blüten. Sie heißen so, weil die Knospen der Gescheine

ähnlich aussehen wie die sich später entwickelnden Trauben. Ach so ist das also. Nicht nur

für das Saarkind ist das hier heute lehrreich. Nein, auch die Mama, die fernab einer

Weinregion groß geworden ist, lernt mit. Für mich waren die Gescheine bisher einfach kleine

Trauben. Ups – direkt als Weinrebenlaie enttarnt.


Der nächste Programmpunkt steht an, es geht um die Pflanzen im Weinberg. Alle Kinder

erhalten ein Bild mit einer Pflanze, die sie suchen sollen. ‚Na, das kann ja was werden, gar

nicht so leicht‘, denke ich. Mein Saarkind dreht sich einmal mit seinem Foto um die eigene

Achse, deutet an den Wegesrand und sagt: „Ich hab‘ sie gefunden, guck mal, das ist sie.“

Gut, das sind ja auch Aufgaben für Kinder, für Erwachsene ist das halt zu schwer. Die Großen

lassen sich zu leicht und zu gern ablenken, unter anderem von der tollen Aussicht, die man

von hier oben hat. Zu unseren Füßen liegt Saarburg. Wir sehen die Burg, die Saar, hinüber

nach Beurig, Irsch, weite Felder, grüne Hügel, Wälder: einfach traumhaft.


Zurück zu den Pflanzen. Das, was das Saarkind Nummer 1 gefunden hat, war übrigens ein

Kompasslattich, der so heißt, weil sich ihre besonnten Blätter in der sogenannten

Kompassstellung befinden. Ihre schmale Seite ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, parallel zur Sonneneinstrahlung und so schützt die Pflanze sich vor zu starker Sonneneinstrahlung.

Andere Pflanzen sind der Mauerpfeffer, den wir anschließend auch bei uns im Garten auf

der Steintreppe entdecken oder ein Moos, welches für uns schon abgestorben aussah und

beim Begießen mit Wasser knallgrün wurde. Wie spannend doch so ein Weinberg und eine

Weinbergsmauer sein kann.


Voller Eindrücke geht es nach Hause und die Freude auf den nächsten Termin steigt. Wir

treffen uns wieder mitten im Sommer, die Weinrebe ist kräftig gewachsen. Ausgeizen steht

heute auf dem Programm. Christiane Wagner erklärt, wie das geht: „Ihr schaut, wo am Trieb

eure letzte Traube hängt, dann zählt ihr die nachfolgenden Blätter. 1, 2, 3, 4 und dann:

abschneiden.“ Von den Hauptrieben abgehende kleinere Triebe sollen auch abgebrochen

werden. So kann alle Kraft in die Trauben gesteckt werden. Auch die Trauben wurden

gezählt. 19 zählte das Saarkind, das klingt doch schon mal ganz gut.

An diesem Tag geht es um die Tiere im Weinberg und die Kinder haben Glück. Sie finden

eine Gottesanbeterin und lernen, warum sie so heißt. Das hat nämlich mit ihrer

Lauerstellung zu tun. „Eigentlich ist sie gar nicht heimisch hier, aber weil es klimatisch so

warm wird, haben wir sie jetzt auch“, erklärt Barbara Schramm den Kindern. Ich lese später

nach, dass die Gottesanbeterin auf sogenannten Wärmeinseln vorkommen kann. Da gehört

so ein Weinberg dazu. Auch Ootheken, die Schaumnester der Gottesanbeterinnen finden die Kinder zusammen mit Barbara Schramm in der großen Weinbergsmauer. „Toll, oder?“ –

Barbara reißt ihre Zuhörer*innen mit ihrer Leidenschaft und Begeisterung für die Flora und

Fauna im Weinberg mit. Die Kinder und auch die Großen hören gespannt zu. Weitere Tiere

werden besprochen und die Kinder freuen sich über eine Becherlupe, die mit nach Hause

genommen werden darf. Und ich? Ich stolpere ein paar Tage später während eines Spaziergangs während der Mittagspause über eine unauffällige Heuschrecke. „Guck mal,

eine blauflügelige Ödlandschrecke“, berichte ich meinem mich begleitenden Kollegen

begeistert. „Eine was?“, fragt er etwas schmunzelnd und ich darf mit meinem neu

erworbenen Wissen glänzen. Na ja, zumindest lässt mein Kollege mich geduldig berichten.

Wie gerade erwähnt: Die Begeisterung der Organisator*innen ist ansteckend. ;)

Anfang Oktober ist es dann endlich soweit. Die Lese steht an. Christiane Wagner steht

schmunzelnd im Weinberg und ruft den Kindern zu: „Das hier sind wahrscheinlich die in

diesem Jahr am frühesten geernteten Trauben in ganz Saarburg.“ Aber gut, die Lage der

Ferien ließ keinen späteren Zeitpunkt zu. Und so starten die Kinder nach kurzer Erklärung

mit ihrer Lese. „Aber bitte nur die Trauben schneiden“, wird das ein oder andere Kind

gestoppt, das etwas ausgiebiger seine Weinrebe stutzte. Unser Saarkind ist auf jeden Fall

begeistert dabei und füllt seinen Leseeimer mit Trauben.



Es geht weiter zum Weingut. Dort darf jedes Kind seinen gefüllten Leseeimer in die

kurzerhand aufgebaute Traubenpresse kippen. Und dann geht es mit dem Pressen los. Der

erste Eimer füllt sich schnell, beim zweiten ist Geduld gefragt. „Häh, letztes Jahr hatten wir

weniger Trauben, aber mehr Saft“, stellt ein Junge verwundert fest, der schon im zweiten

Jahr dabei ist. Aber wir können vorwegnehmen. Am Ende ist genug Saft für alle Kinder da.


Mit dem Refraktometer misst Guido Schramm die Öchslezahl und somit den Zuckergehalt

des Saftes. „70 Grad Öchsle“, stellt er fest und fügt hinzu „Oben im Weinberg hatten

einzelne Trauben 80, aber insgesamt sind wir bei 70.“ Bei dieser frühen Lese scheint die Zahl

zufriedenstellend zu sein. Die Kinder überprüfen sein Ergebnis sorgfältig, schauen ebenfalls

durch das Refraktometer und bestätigen die gemessene Zahl fachmännisch.


Der Saft ist inzwischen bereit zur Abfüllung. Für jedes Kind wird nun eine Flasche gefüllt und

jede*r darf seine Flasche mit ihrem/seinem selbstgestalteten Etikett bekleben und sie

zusammen mit Christiane verkorken. Fertig!


Und so sind wir wieder am Anfang unseres Textes: Da steht sie nun: eine Flasche

Traubensaft. Und so dürfte klar sein, weshalb die Entstehung dieser Flasche schon ein

bisschen besonders ist. Noch ist die Reise zwar nicht vorbei, einen Termin zur Bindung des

Moselherzes gibt es ja noch, aber ein bisschen fühlte es sich schon nach Abschluss an und so

darf schon einmal ein Resümee gezogen werden: Viel Neues gelernt, begeisterte

Organisator*innen, die die Kinder und auch die Erwachsenen begeistern und besonders

wichtig, es hat sehr viel Spaß gemacht.


Wer mehr über diese tolle Initiative erfahren möchte, kann dem Saarburger Kinderwingert


Autorin: Silke

Instagram: dieallesnaeher

Facebook: @dieallesnaeher






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