Von der Teilnahme am Saarburger Kinderwingert und was wir alles lernen durften
Da steht sie nun: eine Flasche Traubensaft. Nichts Besonderes mag sich der ein oder andere
denken. Denn in einer Weingegend ist das nicht unbedingt eine außergewöhnliche
Nachricht. Und doch ist diese Flasche besonders. Erkennbar ist das an ihrem individuell mit
Kinderzeichnungen gestalteten Etikett. Und: Ihr Entstehen war besonders. Sie und 26 andere
Flaschen sind nämlich das Resultat eines seit einigen Jahren bestehenden Projektes: dem
Saarburger Kinderwingert. Wir oder besser gesagt unser Saarkind Nummer 1 durfte in
diesem Jahr teilnehmen und begleitete über mehrere Termine das Wachsen „seiner“
Weinrebe, die Entwicklung und Reifung der Trauben, die Lese derselbigen, die
Saftherstellung in der Saftpresse sowie das Abfüllen und Verkorken seiner ganz individuellen
Traubensaft-Flasche. Und nebenbei erfuhr er Interessantes rund um den Weinbau sowie die
Flora und Fauna im Weinberg.
Alles begann zunächst mit einer Enttäuschung. Als es mit dem ersten Termin losgehen sollte,
war an ein Treffen nicht zu denken. Corona. Im Frühjahr standen wir eben noch ganz im
Zeichen des Lockdowns. Ein Treffen in einer Gruppe war schlichtweg unmöglich. Die
Initiator*innen und Organisator*innen des Projektes – Christiane Wagner, Winzerin des
Weingut Dr. Wagners (@weingutdrwagner) aus Saarburg sowie Guido Schramm, Kultur- und
Weinbotschafter und Barbara Schramm, Natur- und Erlebnisführerin waren jedoch nicht um
eine Idee verlegen und drehten kurzerhand ein Video im Weinberg
(https://fb.watch/8JzykNyn4q/), in dem sie das Programm des ersten Termins zeigten. Und
unser Saarkind war auch beruhigt, das Binden des Moselherzes wird auch er noch einmal
miterleben. Der Termin wurde kurzerhand ans Ende des Jahres verlegt.
So lernte unser Saarkind Nummer 1 seine Weinrebe erstmals im Frühsommer kennen. Die
erste Herausforderung: Den Weinberg finden. Das KiWi-Schild half glücklicherweise dabei
die richtige Kurve auf dem Weg zum Warsberg zu finden, wir wären ansonsten fast
vorbeigefahren. Doch so erreichten wir die Saarburger Kupp und damit den Teil des
Weinberges, in dem Christiane Wagner ein Teil ihrer Reben für die Kinder des
Kinderwingerts zur Verfügung gestellt hat. Die heutigen Aufgaben: das Lockern des Bodens
rund um die Weinrebe, Hochbinden der Triebe, die im nächsten Jahr dann das Moselherz
bilden sollen, die Vermessung der Weinrebe und das Zählen der Gescheine. Gescheine? – Ja, auch das lernen wir: Die Gescheine sind die länglichen Blütenstände der Weinrebe. Aus
deren Knospen entwickeln sich die Blüten. Sie heißen so, weil die Knospen der Gescheine
ähnlich aussehen wie die sich später entwickelnden Trauben. Ach so ist das also. Nicht nur
für das Saarkind ist das hier heute lehrreich. Nein, auch die Mama, die fernab einer
Weinregion groß geworden ist, lernt mit. Für mich waren die Gescheine bisher einfach kleine
Trauben. Ups – direkt als Weinrebenlaie enttarnt.
Der nächste Programmpunkt steht an, es geht um die Pflanzen im Weinberg. Alle Kinder
erhalten ein Bild mit einer Pflanze, die sie suchen sollen. ‚Na, das kann ja was werden, gar
nicht so leicht‘, denke ich. Mein Saarkind dreht sich einmal mit seinem Foto um die eigene
Achse, deutet an den Wegesrand und sagt: „Ich hab‘ sie gefunden, guck mal, das ist sie.“
Gut, das sind ja auch Aufgaben für Kinder, für Erwachsene ist das halt zu schwer. Die Großen
lassen sich zu leicht und zu gern ablenken, unter anderem von der tollen Aussicht, die man
von hier oben hat. Zu unseren Füßen liegt Saarburg. Wir sehen die Burg, die Saar, hinüber
nach Beurig, Irsch, weite Felder, grüne Hügel, Wälder: einfach traumhaft.
Zurück zu den Pflanzen. Das, was das Saarkind Nummer 1 gefunden hat, war übrigens ein
Kompasslattich, der so heißt, weil sich ihre besonnten Blätter in der sogenannten
Kompassstellung befinden. Ihre schmale Seite ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, parallel zur Sonneneinstrahlung und so schützt die Pflanze sich vor zu starker Sonneneinstrahlung.
Andere Pflanzen sind der Mauerpfeffer, den wir anschließend auch bei uns im Garten auf
der Steintreppe entdecken oder ein Moos, welches für uns schon abgestorben aussah und
beim Begießen mit Wasser knallgrün wurde. Wie spannend doch so ein Weinberg und eine
Weinbergsmauer sein kann.
Voller Eindrücke geht es nach Hause und die Freude auf den nächsten Termin steigt. Wir
treffen uns wieder mitten im Sommer, die Weinrebe ist kräftig gewachsen. Ausgeizen steht
heute auf dem Programm. Christiane Wagner erklärt, wie das geht: „Ihr schaut, wo am Trieb
eure letzte Traube hängt, dann zählt ihr die nachfolgenden Blätter. 1, 2, 3, 4 und dann:
abschneiden.“ Von den Hauptrieben abgehende kleinere Triebe sollen auch abgebrochen
werden. So kann alle Kraft in die Trauben gesteckt werden. Auch die Trauben wurden
gezählt. 19 zählte das Saarkind, das klingt doch schon mal ganz gut.
An diesem Tag geht es um die Tiere im Weinberg und die Kinder haben Glück. Sie finden
eine Gottesanbeterin und lernen, warum sie so heißt. Das hat nämlich mit ihrer
Lauerstellung zu tun. „Eigentlich ist sie gar nicht heimisch hier, aber weil es klimatisch so
warm wird, haben wir sie jetzt auch“, erklärt Barbara Schramm den Kindern. Ich lese später
nach, dass die Gottesanbeterin auf sogenannten Wärmeinseln vorkommen kann. Da gehört
so ein Weinberg dazu. Auch Ootheken, die Schaumnester der Gottesanbeterinnen finden die Kinder zusammen mit Barbara Schramm in der großen Weinbergsmauer. „Toll, oder?“ –
Barbara reißt ihre Zuhörer*innen mit ihrer Leidenschaft und Begeisterung für die Flora und
Fauna im Weinberg mit. Die Kinder und auch die Großen hören gespannt zu. Weitere Tiere
werden besprochen und die Kinder freuen sich über eine Becherlupe, die mit nach Hause
genommen werden darf. Und ich? Ich stolpere ein paar Tage später während eines Spaziergangs während der Mittagspause über eine unauffällige Heuschrecke. „Guck mal,
eine blauflügelige Ödlandschrecke“, berichte ich meinem mich begleitenden Kollegen
begeistert. „Eine was?“, fragt er etwas schmunzelnd und ich darf mit meinem neu
erworbenen Wissen glänzen. Na ja, zumindest lässt mein Kollege mich geduldig berichten.
Wie gerade erwähnt: Die Begeisterung der Organisator*innen ist ansteckend. ;)
Anfang Oktober ist es dann endlich soweit. Die Lese steht an. Christiane Wagner steht
schmunzelnd im Weinberg und ruft den Kindern zu: „Das hier sind wahrscheinlich die in
diesem Jahr am frühesten geernteten Trauben in ganz Saarburg.“ Aber gut, die Lage der
Ferien ließ keinen späteren Zeitpunkt zu. Und so starten die Kinder nach kurzer Erklärung
mit ihrer Lese. „Aber bitte nur die Trauben schneiden“, wird das ein oder andere Kind
gestoppt, das etwas ausgiebiger seine Weinrebe stutzte. Unser Saarkind ist auf jeden Fall
begeistert dabei und füllt seinen Leseeimer mit Trauben.
Es geht weiter zum Weingut. Dort darf jedes Kind seinen gefüllten Leseeimer in die
kurzerhand aufgebaute Traubenpresse kippen. Und dann geht es mit dem Pressen los. Der
erste Eimer füllt sich schnell, beim zweiten ist Geduld gefragt. „Häh, letztes Jahr hatten wir
weniger Trauben, aber mehr Saft“, stellt ein Junge verwundert fest, der schon im zweiten
Jahr dabei ist. Aber wir können vorwegnehmen. Am Ende ist genug Saft für alle Kinder da.
Mit dem Refraktometer misst Guido Schramm die Öchslezahl und somit den Zuckergehalt
des Saftes. „70 Grad Öchsle“, stellt er fest und fügt hinzu „Oben im Weinberg hatten
einzelne Trauben 80, aber insgesamt sind wir bei 70.“ Bei dieser frühen Lese scheint die Zahl
zufriedenstellend zu sein. Die Kinder überprüfen sein Ergebnis sorgfältig, schauen ebenfalls
durch das Refraktometer und bestätigen die gemessene Zahl fachmännisch.
Der Saft ist inzwischen bereit zur Abfüllung. Für jedes Kind wird nun eine Flasche gefüllt und
jede*r darf seine Flasche mit ihrem/seinem selbstgestalteten Etikett bekleben und sie
zusammen mit Christiane verkorken. Fertig!
Und so sind wir wieder am Anfang unseres Textes: Da steht sie nun: eine Flasche
Traubensaft. Und so dürfte klar sein, weshalb die Entstehung dieser Flasche schon ein
bisschen besonders ist. Noch ist die Reise zwar nicht vorbei, einen Termin zur Bindung des
Moselherzes gibt es ja noch, aber ein bisschen fühlte es sich schon nach Abschluss an und so
darf schon einmal ein Resümee gezogen werden: Viel Neues gelernt, begeisterte
Organisator*innen, die die Kinder und auch die Erwachsenen begeistern und besonders
wichtig, es hat sehr viel Spaß gemacht.
Wer mehr über diese tolle Initiative erfahren möchte, kann dem Saarburger Kinderwingert
auf Facebook folgen und auch hier gibt es einige Informationen dazu: https://www.kultur-und-weinbotschafter.de/mosel/angebote-an-der-mosel/fuer-kids-kinderwingert.
Autorin: Silke
Instagram: dieallesnaeher
Facebook: @dieallesnaeher
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